Ich werde nach meinem Vortrag oder in meinen Seminaren häufig von Teilnehmern gefragt, welche Therapieform denn nun bei Burnout die richtige und effektivste sei. Eine spannende Frage, auf die ich hier Antwort geben möchte.
Welche Therapie hilft bei Burnout? Gibt es die eine richtige Therapie bei Burnout?
In meiner Wahrnehmung: Nein, es gibt nicht DIE eine richtige Therapie bei Burnout. Es kann sie auch gar nicht geben, da Menschen komplexe Wesen sind und ein allgemeingültiges „Therapie-Rezept“ Quatsch ist. Zudem stehen Menschen an unterschiedlichen Entwicklungs- und Bewusstseinsstufen, d.h. sind sich ihren Themen entweder bewusst oder unbewusst. Hinzukommt, dass sich Betroffene, die sich Hilfe holen, in unterschiedlichen (Burnout-)Phasen befinden, so dass nicht jedes Unterstützungsangebot zu jedem Menschen und zu jeder Burnoutphase passt.
Ich gebe mal ein Beispiel: Wenn ein Betroffener ganz akut in einer Erschöpfung drin ist und die körperlichen Symptome (wie z.B. Schwindel, Kopfschmerzen, Rückenprobleme, Herzrasen, Magenschmerzen, Panikattacken etc.) so stark sind, dass Gespräche, Entspannungstechniken bereits zuviel sind, würde ich hier als Begleiter nicht einfach eine „Methode“ runterspulen, sondern ganz genau hinschauen, wo der Klient gerade steht und was er oder sie braucht.
Was derjenige braucht, kann ich als Begleiter jedoch gar nicht wissen. In meinem Verständnis stülpe ich dem Klienten ansonsten irgendetwas drüber, was ihm oder ihr vielleicht gar nicht gut tut. Insofern schaue ich mir lieber mit dem Klienten an, was gerade förderlich ist – und was nicht. Ich fungiere da nicht als allwissender Experte, sondern erforsche zusammen mit dem Klienten, was es gerade braucht. Ich bin dabei präsent, bin auf Augenhöhe, überprüfe meine Resonanz, mache Angebote und schaue dabei sehr genau hin, was die Themen „Grenzüberschreitung“ und „Beziehungsebene“ angeht.
Bei Burnout geht es um gesunde Grenzen und um gesunden Beziehungskontakt.
Ich weiß dank meiner gestalttherapeutischen Ausbildung (und gestalttherapeutischen Haltung), dass es auf die Beziehungsebene zwischen Klienten und Therapeuten ankommt. Die Beziehungsebene und mein Beziehungsangebot sind Teil meiner Arbeit.
Ich selbst habe bei Verhaltenstherapeuten und Therapeuten, die tiefenpsychologisch arbeiten, die Erfahrung gemacht, dass genau diese Beziehungsebene gefehlt hat. Deshalb gab es in meinem Verständnis auch keinen wirklichen „Therapieerfolg“. Ganz im Gegenteil. Aus heutiger Sicht würde ich sogar sagen, dass die ein oder andere Therapie sogar fahrlässig war. Das lag aber weniger an der Therapieform, sondern lag mehr an dem Therapeuten und an der jeweiligen therapeutischen Haltung.
Soll heißen: Ob eine Therapie hilft und letztendlich erfolgreich ist, hat immer etwas damit zu tun, wer mir als Klient gegenübersitzt und ob er oder sie mir sympathisch ist oder und welche therapeutische Haltung er oder sie hat. Die Frage ist, ob ich mich hier „fallen“ und „zeigen“ kann oder ob ich bei der Begleitung ein komisches Bauchgefühl habe. (Gerade Menschen mit erlebten Grenzüberschreitungen haben oft ein feines Gespür, sind meist hochsensibel und spüren somit auch „Schräges sowie Unsicherheiten“ vonseiten des Therapeuten).
Welche Therapieform (Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Gestalttherapie etc.) tatsächlich angewandt wird, ist in meinem Verständnis somit fast zweitrangig. Zumal die Therapieformen schleichend ineinander übergehen und ähnliche methodische Ansätze haben. Allerdings gibt es Unterschiede in der therapeutischen Haltung.
Ich persönlich mag es, wenn Therapeuten einen gestalttherapeutischen Ansatz bzw. Haltung haben und von der Wichtigkeit der Beziehungsebene wissen und damit auch arbeiten. Denn für mich hat Burnout sehr häufig etwas mit negativen frühkindlichen Beziehungserfahrungen und Grenzüberschreitungen zu tun.
Oft gab es hier keine nährende Beziehungsebene zwischen dem Kind und einer wichtigen Bezugsperson (wie zum Beispiel der Mutter oder dem Vater), so dass das Kind einen Mangel an Sicherheit, Geborgenheit und Liebe erfahren hat.
Um Liebe und Zuneigung zu bekommen wurden dann vielleicht wiederholt verbale oder non-verbale Bedingungen an das Kind gestellt („Wenn du brav bist und nicht weiter störst, habe ich dich lieb.“). Vielleicht wurden aber auch Drohungen (verbal oder non-verbal) ausgesandt („Wenn du nicht das machst, was ich sage, verlasse ich dich oder stecke ich dich ins Heim.“). Oder aber emotionale Erpressungen („Ich als Erwachsener kann nicht für mich und dich sorgen, DU musst dich jetzt um mich kümmern.“). All diese Botschaften können verbal und non-verbal übermittelt werden.
Das sind Grenzüberschreitungen und emotionale und seelische Missbräuche am Kind.
Denn bei diesen Botschaften (sei es verbal oder non-verbal) lernt das Kind:
- Ich bin nicht okay so, wie ich bin
- Ich bin falsch / Ich bin nicht richtig
- Ich bin nicht gut genug
- Ich darf nicht schwach sein
- Ich darf nicht (im Leben) sein / Ich darf nicht existieren
- Ich darf nur (im Leben) sein, wenn ich etwas leiste
Wenn diese Glaubenssätze und seelische Missbräuche so unbewusst sind, dass sie sich erst im Erwachsenenalter bemerkbar machen durch zum Beispiel:
- ein enormes Arbeitspensum
- einen sehr hohen Anspruch an sich selbst und andere
- überhöhtes Engagement und Leistungsbereitschaft
geht das für den Betroffenen meist in Richtung Burnout.
Und das ist auch gut so, da der Burnout von den Betroffenen später als Wendepunkt und Chance im Leben gesehen wird und Schritt für Schritt zu einem gesünderen und selbstbestimmten Leben führt.
Die Ursache eines Burnouts liegt in meiner Wahrnehmung somit häufig in einer „gestörten“ (sprich: nicht nährenden und liebevollen) Beziehungserfahrung sowie Grenzüberschreitungen in der Kindheit.
Burnout ist ein Grenzüberschreitungs- und Beziehungs-Thema
Wenn nun die Frage ist, welche Therapieform denn nun die Beste bei Burnout ist, antworte ich gerne: Die, die sich auch die Beziehungsebene sowie die persönliche Grenze des Klienten anschaut. Und damit meine ich nicht nur die Beziehung zwischen dem Betroffenen und der damaligen Bezugsperson, sondern die Beziehung zwischen Klient und Therapeut.
Warum zwischen Klient und Therapeut?
Nun, weil ein Klient auch immer in Beziehung mit dem Therapeuten steht und es letztendlich darum geht, dass der Klient auf der Beziehungsebene eine neue Erfahrung machen darf. Und zwar in jeder Sitzung – mit dem Therapeuten als Gegenüber. Daher ist die Beziehungsebene zwischen den beiden so immens wichtig.
Denn wenn ein Klient in der Kindheit Folgendes gelernt bzw. konstruiert hat:
- Ich muss acht geben
- Ich darf niemanden vertrauen
- Ich muss mich kontrollieren
- Ich muss andere kontrollieren
- Ich muss stark sein
- Ich muss mich alleine durchzuschlagen
- Ich darf keine Fehler machen
- Ich muss perfekt sein
- Ich muss funktionieren
- Ich muss mich anpassen und brav sein
dann wird genau dieser Mechanismus auch in der Sitzung da sein. Zwischen Klient und Therapeut.
Vielleicht vertraut der Klient dem Therapeuten nicht oder passt sich an, um nicht negativ aufzufallen. Vielleicht ist der Klient darauf bedacht, mit seinen Antworten klug zu erscheinen, dem Therapeuten zu gefallen oder aber er kontrolliert den Therapeuten und die Situation. Vielleicht spürt der Klient aufgrund seiner Hochsensibilität auch die Unsicherheiten des Therapeuten und fühlt sich dadurch nicht sicher in den Sitzungen. In all diesen Fällen geht es um die Beziehungsebene und um die Grenze zwischen Klient und Therapeut.
Das darf dem Therapeuten auffallen. Denn das ist das „Material“, woran gearbeitet werden kann. Hier zeigen sich die Muster, die Vermeidungsstrategien des Klienten und wie sich der Klient selbst blockiert und erschöpft.
Blockaden und Erschöpfungen resultieren in meiner Wahrnehmung immer aus Verhaltensweisen und Dingen, die man in Wahrheit gar nicht machen möchte und sich dabei selbst übergeht. Man macht es jedoch immer noch als Erwachsener, weil das alte Muster noch „tickert“.
Es fehlt aufgrund der frühkindlichen Grenzüberschreitungen die eigene Grenzsetzung und das NEIN-Sagen. Die alte Angst, verlassen, bestraft und verletzt zu werden, ist so hoch, dass sich der Betroffene selbst im Erwachsenenalter noch anpasst und seine eigene Grenze vernachlässigt bzw. diese gar nicht mitbekommt.
Eine gute und nachhaltige Therapie bei Burnout ist für mich somit eine, die sich dem Beziehungs- und Grenzüberschreitung-Thema widmet, damit der Klient im therapeutischen Setting folgendes erfährt – und zwar GANZHEITLICH, d.h. nicht nur über den Verstand, sondern auch auf der Gefühls- und Körperebene:
- Ah, hier ist meine Grenze
- Aha, da ist die Grenze des Anderen
- Hey, ich darf Grenzen setzen und Nein-Sagen
- Krass, mein Gegenüber geht nicht weg, betraft mich nicht und verletzt mich nicht, wenn ich Grenzen setze. Ich bin sicher.
- Cool, wenn ich Grenzen setze, werde ich wahrgenommen und bekomme ein „Profil“
- Wahnsinn, wenn ich Grenzen setze, werde ich sogar gemocht, geliebt und respektiert
- Wow, wenn ich NEIN-sage, fühle ich mich klar und gestärkt
Das liest sich jetzt hier so einfach, ist aber für die Betroffenen tatsächlich eine neue und ganz wichtige Erfahrung. Und um diese neue Erfahrung geht es. Dass der Klient lernt, dass er Grenzen setzen darf – ja, sogar muss, um in die eigene Kraft zu kommen.
Wie oben beschrieben, ist hierbei die therapeutische Haltung wichtig. Schaut sich der Therapeut die Beziehungsebene zwischen Klient und Therapeuten an? Ja oder nein? Ist der Therapeut wohlwollend da? Ja oder nein? Ist der Therapeut auf Augenhöhe mit dem Klienten? Ja oder nein?
Therapeuten mit einem gestalttherapeutischen Ansatz arbeiten in der Regel so – und auch hier gibt es große Unterschiede. Bei Verhaltenstherapeuten und tiefenpsychologisch fundierten Therapeuten habe ich bis jetzt keine wirklich gute Erfahrungen gemacht, doch das soll nichts heißen. Vielleicht hatte ich da auch einfach nur Pech. Wie oben beschrieben hängt der Therapieerfolg eh von der „Chemie“ zwischen Klienten und Therapeuten ab.
Wenn du einen Burnout hast und nach einer passenden Therapie suchst, dann habe ich hier folgende Tipps für dich:
5 Tipps, woran ich einen guten Therapeuten bei Burnout erkenne:
- Wie ist die Beziehungsebene? (Vertraust du dem Therapeuten? Ja oder nein? Wenn nein:)
- Spricht der Therapeut die Beziehungsebene an? („Wie geht es dir mit mir? Wie fühlst du dich mit mir als Therapeuten?“ „Meine Wahrnehmung ist, dass du hier sehr vorsichtig bist, liege ich da richtig?“)
- Geht der Therapeut auf dein Gesagtes bzw. Fragen ein oder stellt er sich drüber? („Das ist ja jetzt schon wieder typisch. Das ist ja genau dein Problem …“)
- Arbeitet ihr an den früheren Grenzüberschreitungen und lädt dich der Therapeut ein, im direkten Kontakt mit ihm auch mal deine Grenze zu erforschen?
- Wie reagiert der Therapeut, wenn du Grenzen setzt und Nein-sagst? (Wohlwollend oder irritiert?)
Mir persönlich fehlten diese Infos damals zu meinem Burnout. Ich habe damals die erstbeste Therapeutin genommen, d.h. bei der ich einen Termin bekam. Das war ein großer Fehler und das würde ich heute so nicht mehr machen.
Ich bin darüber im Bilde, dass ein Psychotherapieplatz, der von der Krankenkasse übernommen wird, mehrere Monate Wartezeit mit sich bringt und Betroffene daher nach jedem freien Therapieplatz greifen. Das ist mir durchaus bewusst.
Coaching und Therapien auf Selbstzahlerbasis sind sinnvoll
Ich möchte an dieser Stelle sagen: Es macht durchaus Sinn, die „Wartezeit“ mit einem Coaching bzw. mit gestalttherapeutischen Sitzungen zu überbrücken, bevor man weiter alleine mit seinem Burnout da steht und gegebenenfalls noch tiefer in die Erschöpfung fällt.
Coaching und Gestalttherapie werden ja nicht von den Krankenkassen übernommen und sind somit auf Selbstzahlerbasis. Ich persönlich mache da mit meinen Klienten die Erfahrung, dass die Motivation meiner Klienten sehr hoch ist, wenn sie die Stunden selbst bezahlen und wir sehr schnell am „Kern“ sind. Da braucht es dann häufig nur eine Kurzzeitherapie bzw. Begleitung von maximal 12 Stunden, um wichtige Ergebnisse zu erzielen. Voraussetzung ist natürlich auch hier, dass sich Klient und Therapeut sympathisch sind. Doch würdest du für einen dir unsympathischen Therapeuten bezahlen? Wohl kaum. Daher finde ich Therapien, die selbst bezahlt werden, häufig zielführender. Das ist zumindest meine Erfahrung. Als Gestalt-Coach und auch in der Rolle der Klientin.
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