Ein Gastbeitrag von Katrin Terwiel
Du merkst, es geht nicht mehr? Du willst dir professionelle Hilfe holen? Du möchtest mit einem Psychotherapeuten / einer Psychotherapeutin reden, weißt aber nicht, wie du an einen Psychotherapieplatz kommst?
Ich zeige dir hier Schritt für Schritt, wie du das angehen kannst!
In den letzten Jahren ist es zunehmend schwerer geworden, einen Psychotherapieplatz zu finden, da die Anzahl der Menschen, die psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen wollen oder müssen steigt, im Gegenzug dazu aber die Anzahl der Psychotherapeuten / Psychotherapeutinnen mit Kassenzulassung seit Jahren nicht angehoben wurde.
Was du wissen musst:
Wenn du dringend einen Psychotherapieplatz brauchst und keinen Psychotherapieplatz in einer Kassenpraxis finden kannst, so hast du einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass auch die Kosten für einen privaten Psychotherapeuten / eine private Psychotherapeutin von der Krankenkasse übernommen werden. Rechtliche Grundlage hierfür ist § 13 Absatz 3 SGB.
Damit du aber eine Kostenerstattung erhältst, musst du eines der von der Kasse anerkanntes Verfahren wählen. Informiere dich vorab, ob du dich für eine Verhaltenstherapie, Psychoanalyse oder Tiefenpsychologie entscheiden möchtest. Des Weiteren musst du dich an einen bestimmten Ablauf halten. Die einzelnen Schritte dazu beschreibe ich dir hier.
1. Schritt: Kontaktiere die Kassenärztliche Vereinigung
Kontaktiere die zentrale Terminvergabestelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), um einen Termin für eine psychotherapeutische Sprechstunde zu vereinbaren. In dieser ersten Sprechstunde wird deine vorläufige Diagnose, Dringlichkeit und Empfehlung in einem Formular namens PTV11 festgehalten.
Die Kassenärztlichen Vereinigung erreichst du in Berlin Montag bis Freitag von 10-15 Uhr unter der Telefonnummer 030 31003383. Mehr Informationen und die Kontaktdaten der anderen Bundesländer findest du unter diesem Link.
Da es bis zu vier Wochen bis zur ersten Sprechstunde dauern kann, gehe in der Zwischenzeit direkt zu Schritt 2 über.
2. Schritt: Kontaktiere Psychotherapiepraxen mit Kassensitz
Während du auf deinen ersten Beratungstermin wartest, recherchiere nach Psychotherapeuten / Psychotherapeutinnen mit Kassensitz und versuche, dort einen Termin zu bekommen. Wenn du Glück hast, wirst du direkt als Patient / Patientin aufgenommen und hast somit schon in diesem Schritt deinen Therapieplatz gefunden!
Bei der Suche nach einem Therapeuten / einer Therapeutin können dir, neben Google und Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis, vor allem diese Portale helfen:
Psychotherapeutenkammer
Wähle hier in der erweiterten Suche den Punkt “Kassenleistungen” aus, um Praxen mit Kassensitz angezeigt zu bekommen.
Kassenärztliche Vereinigung Berlin
Als Fachgebiet “Psychologischer Psychotherapeut” (bzw. psychotherapeutischer Arzt) auswählen. In der Stichwortsuche kannst du auch nach speziellen Verfahren wie z.B. Tiefenpsychologie suchen.
Psychotherapieinformationsdienst der Deutschen Psychologenakademie
Auch der Psychotherapieinformationsdienst kann dir bei der Suche nach einem Therapeuten / einer Therapeutin helfen.
Andere Webseiten
Weitere Onlineportale wie z.B. psychotherapeutensuche.de oder Therapie.de bieten ebenfalls eine Übersicht über Praxen an. Wähle hier als Abrechnungsvariante “Krankenkasse”.
Achte darauf, dass du deine Recherche detailliert dokumentierst (Datum der Kontaktaufnahme, Ergebnis, Wartezeiten), damit du gegebenenfalls nachweisen kannst, ausreichend Therapeuten / Therapeutinnen kontaktiert zu haben und trotz alledem keinen Therapieplatz in einer Kassenpraxis finden konntest.
3. Schritt: Kontaktiere Privatpraxen
Falls die Suche nach einer Praxis mit Kassensitz nicht erfolgreich war, dehnst du deine Suche nun auf Privatpraxen aus. Hier sind ebenfalls die in Schritt 2 genannten Suchportale hilfreich. Hast du eine Psychotherapiepraxis gefunden, die noch freie Kapazitäten hat, kannst du einen ersten Termin vereinbaren, um herauszufinden, ob du dich mit deinem Therapeuten / deiner Therapeutin wohlfühlst. Bitte erwähne bei Terminvereinbarung, dass du bereits Schritt 1 und 2 durchgeführt hast. So kann der Therapeut / die Therapeutin alle weiteren Schritte direkt vorbereiten. Wenn du dir nach dem ersten Gespräch eine Zusammenarbeit vorstellen kannst, dann gehe zu Schritt 4 über.
4. Schritt: Hol dir eine Notwendigkeitsbescheinigung
Für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist eine ärztliche Notwendigkeitsbescheinigung und ein Konsiliarbericht notwendig. Beides kann dir vom Hausarzt / der Hausärztin bzw. einem Psychiater / einer Psychiaterin ausgestellt werden. Mit diesen Dokumenten weist du nach, dass du eine Therapie benötigst und aus medizinischer Sicht nichts dagegen spricht. Die Vorlagen erhältst du bei deinem ausgewählten Psychotherapeuten/ deiner ausgewählten Psychotherapeutin
Hast du diese Dokumente, kannst du gemeinsam mit deinem Psychotherapeuten / deiner Psychotherapeutin die Kostenerstattung beantragen. Dein Therapeut / deine Therapeutin legt dem Antrag alle notwendigen Dokumente bei (z. B. Eintragungsnummer ins Arztregister, Verfahrensurkunde der Behandlungsmethode). Falls du nicht bis zum Eintreffen des Bescheids der Kostenübernahme warten möchtest, so kannst du natürlich schon mit der Therapie beginnen und die Kosten vorab privat vorstrecken.
5. Schritt: Widerspruch bei Ablehnung
Falls es zu einem negativen Bescheid über die Kostenübernahme kommt, so kannst du – notfalls mit juristischer Unterstützung – Widerspruch einlegen. Wenn du nachweisen kannst, dass du trotz Versuch keinen Therapieplatz in einer Kassenpraxis gefunden hast, so steht dir eine Kostenerstattung gesetzlich zu.
Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Suche nach einem Therapieplatz und gratuliere dir zum Schritt, dir professionelle Unterstützung zu holen, um dein Wohlbefinden zu verbessern.
Vielen Dank, liebe Katrin, für den wirklich sehr informativen Beitrag. Wenn du mehr zu Katrin und ihre Arbeit als Psychologische Psychotherapeutin erfahren möchtest, dann besuche ihre Webseite unter: www.katrin-terwiel.de oder schaue dir das Experteninterview mit ihr auf HALLO BURNOUT an: Interview
Einen weiteren Artikel „Hilfe bei Burnout. Welche Behandlungen und Therapien gibt es?“ findest du hier: Blog