Ein Gastbeitrag von Didi Burnault
Als ich mit Wibke ausmachte, einen Gastbeitrag auf ihrem Blog zu schreiben, war das Thema für mich relativ schnell klar: Fehlende Anerkennung und was das mit Burnout zu tun hat.
Mein Bezug zu dem Thema
Auch wenn ich heute meine alten Verhaltensmuster abgelegt habe oder zumindest durchschaue, möchte ich gerne meine Lebensgeschichte zu besagtem Thema erzählen.
Als ich 2012 von meiner chronischen Erschöpfung heimgesucht wurde, hatte ich weder ein Gespür dafür, dass ich eigentlich viel zu viel arbeitete, noch hatte ich eine Idee, warum ich dies tat. Erst mit der Zeit wurde mir klar, dass das, was ich leistete, weit über dem war, was ein Mensch regelmäßig zu leisten im Stande ist. Ich realisierte, dass ich viel zu hohe Ansprüche an mich selbst stellte: viermal die Woche Sport, Studium mit überdurchschnittlich vielen Kursen, Engagement beim Radio und dann noch ein Nebenjob, um mir etwas dazu zu verdienen. Aber als das alles erstmal wegbrach, weil ich körperlich am Ende war, erkannte ich, was sich dahinter verbarg. Auf einmal kamen Ängste, Depressionen, Panikattacken und Gefühle von Sinnlosigkeit auf, die sich nicht mehr so einfach wegdrücken ließen, wie es vorher mithilfe der Überarbeitung der Fall war. Auf all diese Aspekte will und kann ich in diesem Artikel gar nicht eingehen. Deshalb möchte ich mich auf einen Aspekt beschränken – nämlich das Gefühl der Sinnlosigkeit.
Eine Frage kam in mir auf: Wer bin ich denn, wenn ich all diesen Tätigkeiten nicht mehr nachgehen kann? Mit der Zeit wurde mir klar, dass ich mich und meinen Selbstwert über diese Tätigkeiten definiert hatte. Ich definierte mich über das, was ich tat und nicht über das, was ich bin. Schließlich hätte ich ja auch sagen können: „Ich bin, wer ich bin und das ist gut so. Ich bin genug – egal, was ich tue oder nicht tue.“
Ein Therapeut kann helfen …
Wie kam ich aus dieser Situation heraus? Nun, mit Mut, Selbstreflexion und natürlich ganz viel Psychotherapie. Denn Psychotherapie ist oft eine Art Detektivarbeit. Und so stellte ich nach einer Weile fest, woher meine Verhaltensmuster kamen. Denn eines war ja klar: Vom Himmel gefallen waren sie sicherlich nicht. Nein, es waren alles Muster, die mir meine Mutter schon vorgelebt hatte und die sich seit meiner Kindheit schon eingebrannt hatten. Lob gab es nur für gute Leistungen, gerade für schulische. Dabei wäre ich doch so gerne als Mensch wertgeschätzt worden. Wie gerne hätte ich Sätze gehört wie: „Schön, dass es dich gibt.“ Oder: „Du bist richtig, so wie du bist.“
Die Folge meiner Erziehung war auf jeden Fall, dass ich mein gesamtes Leben (bis zu meinem Burnout) damit verbrachte, nach Anerkennung durch Leistung zu kämpfen. Nur das Schlimme dabei war: Ich konnte tun, was ich wollte und bekam sie trotzdem nicht. Ich wurde immer durstiger nach Anerkennung und ackerte mich zu Tode. Bis ich eben in jenem Teufelskreis ausbrannte.
Heute weiß ich, dass man sich diese Anerkennung selbst geben muss. Zumindest zu einem großen Teil. (Warum man diese teilweise auch im Außen suchen darf, habe ich in einem speziellen Artikel erörtert.) Doch vereinfacht ausgedrückt ist die Basis, erstmal zu lernen, dass man wertvoll ist – vollkommen unabhängig von dem, was man leistet. Natürlich können einem Therapeuten das predigen, aber bis man es wirklich verinnerlicht hat und in sein Leben integriert, kann es eine Weile dauern. Und auch das ist völlig OK. Auch wenn es so lange dauert: Es lohnt sich, diese Erkenntnis zu erlangen und das eigene Leben entsprechend zu verändern.
Wissen und handeln
Heute bin ich an einem Punkt, wo ich diese Verhaltensmuster kenne und durchschaue. Außerdem weiß ich, dass ich wertvoll bin. Trotzdem heißt das noch lange nicht, dass ich davor gefeit bin, wieder in alte Verhaltensmuster zu fallen. Der Unterschied zu damals ist aber der, dass ich es schneller erkenne, wenn ich hinein falle und dem entgegenwirken kann. Und so steckt in dieser Erkenntnis wiederum auch eine große Chance: Denn um ehrlich zu sein ist das Bescheid-Wissen um diese Verhaltensmuster die beste Burnout-Prophylaxe. Deshalb macht es absolut Sinn, sich ein Leben aufzubauen, das auf anderen Dingen fußt als auf Anerkennung durch Leistung. Diese anderen Dinge sind beispielsweise Selbstliebe, ein intaktes Selbstwertgefühl, tiefe Freundschaften, eine tiefe Partnerschaft, gesunde Freizeitaktivitäten, Urvertrauen in das Leben oder Kraftquellen wie Natur. Zum Glück sind das alles Dinge, die sich therapeutisch erarbeiten lassen. Diese Arbeit dauert allerdings wie erwähnt seine Zeit. Aber es lohnt sich, weil es das eigene Leben nachhaltig verändert und die Lebensqualität verbessert. Darum kann ich jeden nur ermutigen, diesen therapeutischen Weg zu gehen.
Vielen Dank, lieber Didi, für deinen tollen Erfahrungsbericht. Danke für dein Zeigen. Wenn du mehr zu Didi wissen möchtest, dann besuche seinen Blog unter: derkrisenwandler.de